Zum Glück ist mein schrundiges Geläuf* alle paar Wochen reif für die Fußpflege. Dabei kann man wunderbar arbeiten … Oder die Klatschpresse studieren! Eine intensive Analyse brachte mich gestern zur Erkenntnis, dass darin heutzutage die Bildunterschrift offenbar zur wichtigsten Textsorte geworden ist.
Früher hieß es ganz knapp:
Schauspielerin Pampelmuse Vandercouch beim Einkaufen.
Aber wer ist heute schon nur noch Schauspielerin? Das Leistungsspektrum muss natürlich ergänzt werden, ebenso (und das ist heimtückisch) das Alter.
Es muss also heißen:
Schauspielerin, Sängerin und Topmodel Pampelmuse Vandercouch (39) beim Shopping.
Aber was trägt sie? Ganz entscheidende Frage.
Die Neugier wird befriedigt:
Schauspielerin, Sängerin und Topmodel Pampelmuse Vandercouch (39, in Dior, Stiefel von Gucci), beim Shopping.
Nur: der Star shoppt nicht alleine. Sondern gemeinsam mit dem markenbewussten Nachwuchs! Und auch nicht irgendwo …
Wir lesen also:
Schauspielerin, Sängerin und Topmodel Pampelmuse Vandercouch (39, in Dior, Stiefel von Gucci), beim Shopping mit Töchterchen Chinchilla in New York.
Der geneigte Leser KANN sich damit nicht zufrieden geben. Wie alt ist Chinchilla? Was trägt sie? Wessen Gene sind für ihr Wallehaar verantwortlich?
Auch diese Fragen bleiben nicht unbeantwortet:
Schauspielerin, Sängerin und Topmodel Pampelmuse Vandercouch (39, in Dior, Stiefel von Gucci), beim Shopping mit Töchterchen Chinchilla (12, aus der ersten Ehe mit Regisseur Ricki Coolman) in New York.
Doch damit ist es längst nicht genug. Einzelkinder sind in gewissen Kreisen out, ebenso wie die Beschränkung auf selbstgemachten Nachwuchs.
Es muss erneut ergänzt werden:
Schauspielerin, Sängerin und Topmodel Pampelmuse Vandercouch (39, in Dior, Stiefel von Gucci), beim Shopping mit Töchterchen Chinchilla (12, in Junk Food, aus der ersten Ehe mit Regisseur Ricki Coolman) und Adoptivsohn Cuxhavn (4 Monate, aus Mikronesien, im Tragetuch von Hoppediz, Farbe Oslo) in New York.
Tatsächlich: Wer braucht noch redaktionellen Text, wenn die Bildunterschrift schon dermaßen informativ ist?
* Ja, ja, ich weiß. »Geläuf« bedeutet für den Weidmann eigentlich »Spur des Federwildes«, und im Galopprennsport bezeichnet man so den Boden, auf dem die Pferderennen stattfinden. Ich nehm mir aber die dichterische Freiheit, meine Knicksenkspreizplattfüße mit hohem Spann, Hallux valgus und Fersensporn so zu nennen. Wer schlimmere Füße hat, werfe den ersten Duden!
be|es|ha
:-))) Großartig!!!
admin
Ich (43, in No-name-wear am Schreibtisch) bin entzückt :-)
Nina
wie, aber hier ist doch schon ein Kommentar! Ich kann mich dir nur anschließen Birgit. Großartig!
Ich bewundere eigentlich immer die andere Seite der Medaille, wie die Klatschpresse ganze Artikel aus dem Boden stampfen kann ohne auch nur einen einzigen Fakt zu haben. Dafür aber ein Papparazzo-Foto, wo Pampelmuse Vandercouch einfach mal nicht für die Kamera lächelt. Und schon heißt es:
Zerreißt die Kinderbelastung ihre Ehe? Eine Freundin der Familie sagte: „Pampelmuse steht kurz vor dem Burnout. Sie hat sich einfach zu viel zugemutet. Und darunter leidet die Beziehung bestimmt auch irgendwann.“ Früher lachte Pampelmuse noch fröhlich auf jedem Foto. Aber wo ist das Strahlen von vergangenem Jahr nur hin? Jetzt sieht man sie, wie hier, mit Töchterchen Chinchilla (6 Monate) auf dem Arm und Adoptivsöhnchen Cux (4 Jahre, aus Mikronesien) an der Hand. Sie wirkt angestrengt. Als ob ihr Beruf als Schauspielerin, Sängerin und Model und die Mutterpflichten ihr zu viel würden. Das belastet natürlich die Beziehung …
admin
Und jetzt sind’s schon zwei – worüber ich mich freue :-) Gleich geh ich mit dem Sohnemann zum Kieferorthopäden. Da schau ich mir die einschlägigen Magazine am besten auch gleich durch, vielleicht werd ich wieder inspiriert …
Nina, du hast absolut recht. Diese Beobachtung hab ich auch schon gemacht. Teilweise werden fast identische Fotos dafür herangezogen, um zu beweisen, das Pampelmuse Vandercouch überlastet, verliebt, suchtkrank oder pleite ist. Sie schaut, als ob sie sich auf einen Oscar freut/einen Stalker fürchtet/sich ein Baby wünscht. Mit ein bisschen Fantasie braucht man für diese Texte nicht einmal die Fotos …
admin
Gestern in den Raum gestellt, heute entdeckt bei Süddeutsche Online: Ein Bericht über einen angeblich vorhandenen Babybauch (Katie Holmes: Guter Hoffnung oder gut gegessen?) – und dazu sieht man ein Porträtfoto. Guckstu hier: http://www.sueddeutsche.de/leben/673/473191/text/?NEWSLETTER=taeglich
Man braucht offenbar KEINEN optischen Beweis für aufgestellte Behauptungen. Es genügt, wenn man behauptet, das Foto sei ein entsprechender Beleg, auch wenn es offensichtlich etwas völlig anderes zeigt.
Broken Spirits
Haste mal wieder treffend auf die Schippe genommen…. manchmal kann man sich echt fragen, ob da jeder, der Korrektur liest, da noch ne eigene Klammer hinzufügt ;-)
iest da überhaupt jemand Korrektur? Ein „Nein“ würde nämlich diese Theorie empfindlich stören…admin
DAS ist eben die große Frage – ob da jemand Korrektur liest. Meine Theorie ist ja: Je dämlicher das Medium, desto korrekter muss es geschrieben sein, damit überhaupt noch jemand ein bisschen glaubt, was da steht. Aber ich will dich nicht zu sehr manipulieren, bevor du diese Umfrage mitmachst zum Thema Zeitungsqualität: http://www.surveymonkey.com/s.aspx?sm=CPGlmWKvqJfEO8s75v16Jw_3d_3d
Übrigens Bestandteil eines aktuellen Projektes, bei dem wir uns genau mit diesem Thema befassen!
Nina
HAHAHA, musstu klicken auf „vergrößern“, dann siehst du den vermeintlichen „Babybauch“. Aber das hätte man als Online-Redakteur durchaus bemängeln können …
Mal eine kleine Blog-DAU-Frage: Was bedeutet das eigentlich, wenn der Text durchgestrichen ist, wie im Kommentar von Broken Spirits? Ist das ein Stilmittel? Und was will es sagen?
admin
LOL
Nina, danke für die Aufklärung. Da wär ich ja im Leben nicht draufgekommen. Nun hab ich den „Bauch“ auch gesehen. Und tippe auf Piercing :-)
Durchgestrichene Kommentare als Stilmittel? Hab ich mich auch schon gefragt. Bin ja noch recht neu in der Bloggerwelt. Vielleicht kann Broken Spirits uns erleuchten?
Sibylle
Solche Bildunterschriften, die nicht nur zuweilen ausufernd sind, sondern auch vollkommen überflüssig, weil darin nur beschrieben wird, was man auf dem Bild sehen kann, nennt man gelegentlich auch „Neger vor Hütte“. Das ist un-pc, aber ich finds amüsant, und hat seinen Ursprung da: http://schriftstellerwerden.blogspot.com/2009/04/neger-vor-hutte.html Angeblich.
Sehr lustiger Artikel (deiner).
admin
DEN Ausdruck kannte ich nicht! Danke für die Bereicherung – „Neger vor Hütte“ gefällt mir un-pc-mäßig gut :-) Über Kunstwerke, die schwarze Quadrate darstellen, kann man sowieso streiten. Wenn sie dann auch noch „Schwarzes Quadrat“ heißen, sowieso. Echte Kunst wäre es, solche Werke „Gelbes Dreieck“ oder „Roter Kreis“ zu nennen …
Sibylle
Und wie habt ihr eure Bildchen das ins WP gekriegt?
admin
Ähm, wie meinst du das? Bildchen ins WP? Steh auf dem Schlauch. Zu heiß!
Sibylle
Ach, Sorry, ne, ich war wohl eher zu knapp. Mit Bildchen ins WP mente ich diese Avatar-artigen viereckigen Fotos von euch, die man bei den Kommentaren sieht. Ich bin zu blind, um diese Funktion zu finden in meinem Backend. Brett vor Kopp.
admin
Ach die – das hab ich auch erst neulich von Biggi gelernt. Du musst eins bei http://en.gravatar.com/ einstellen, dann erscheint es statt des Platzhalters.