Nein, es ist eben NICHT damit getan, dass Politiker unüberlegte Stammtischparolen absondern oder dass sich Möchtegernpromis durch TV-Interviews stottern. Nein, das einzig echte Kauderwesch ist in Gefahr …
Beziehungsweise, wenn man es politisch korrekter als sintemal Martin Luther ausdrücken möchte: das Rätoromanische, jene in der Abgeschiedenheit des Schweizer Kantons Graubünden beheimatete, uralte romanische Sprache, die von ihren Sprechern „Rumantsch“ genannt wird. Tatsächlich kommt der Begriff „Kauderwelsch“ von Churwelsch“ und bezeichnete einst die schwer verständliche Sprache der Menschen aus dem Rheintal von Chur.
Heute gibt es nur noch rund 30.000 Menschen, die Rätoromanisch sprechen, und Forscher schätzen, dass die Sprache in 50 Jahren ganz ausgestorben sein wird.
„Tschuntschientschuncontatschun tschancs tschufs“
Wäre es nicht schade um Zungenbrecher wie diesen? Ok, als Sprachanfänger muss man nicht unbedingt mit der rätoromanischen Version von „fünfhundertfünfundfünfzig schmutzige Hammel“ anfangen – einer Wendung, die im Sprachalltag eh eine höchst untergeordnete Rolle spielt.
Ganz anders sieht es aus mit „Con aults ei quei cuolm?“, zu Deutsch: „Wie hoch ist dieser Berg“, was man gerade im Engadin sicher gleich mehrmals täglich sagen darf, ohne gleich als einseitig interessiert zu gelten. Oder „Tgi essas Vus?“, was so viel heißt wie: „Wer sind Sie?“
Klingt kernig. Und kompliziert …
Ok, diese Beispielsätze lesen sich wie eine zünftige Mischung aus Italienisch und Husten. Aber trotzdem ist es nicht hinzunehmen, dass Rätoromanisch einfach so ausstirbt. Warum das so ist, obwohl sie eine der vier offiziellen Amtssprachen der Schweiz ist? Wahrscheinlich liegt es daran, dass es keine einheitliche rätoromanische Schriftsprache gibt, sondern mehrere Dialekte, die sich deutlich unterscheiden. So heißt „der Fuchs“ auf Sursilvan beispielsweise „l’uolp“, auf Sutsilvan „la vualp“, auf Surmiran „la golp“, auf Ober- sowie auf Unterengadinisch „la vuolp“ und auf Münstertalerisch „la uolp“. Alle verwandt mit Italienisch „la volpe“, aber eben doch – anders.
Es lebe die Vielfalt!
Speisekarten, Zeitschriften, Stadtratprotokolle – alles liest und schreibt man im Engadin inzwischen auf Deutsch. Unsere Sprache verdrängt das vom Aussterben bedrohte Rätoromanisch! Das können wir nicht hinnehmen.
Ich fordere daher alle Leserinnen und Leser auf: Adoptiert sofort mindestens einen rätoromanischen Ausdruck!
Warum nicht einfach „Bien di“ – klingt das nicht viel netter als unser „Guten Tag“?
Nina
Rumantsch klingt auch so romantisch! Allein deswegen …
Wünsche dir noch einen bien di!
admin
Du findest, es klingt romantisch? Vielleicht liegt’s daran, dass ich gerade false friends recherchiere, aber ich finde, „rumantsch“ klingt nach Ronja-Räubertochter-haftem Gröhlgesang unter erheblichem Met-Einfluss“ … :-)
Nina
Na ja, es klingt eben so als würde an Rosenmontag gegen drei Uhr nachts jemand im Vollsuff sagen (lallen) wollen: „Komm, bei mir isses tootaal ru- ru- rumantsch!“
admin
LOL
dzzzglaubschhhdirgeeean! Dir auch noch: bien di!
Broken Spirits
Der Vollsuff ist mir auch spontan eingefallen…. da bleibe ich doch lieber beim Schwedisch :-)
admin
Ich doch auch. Aber Schwedisch ist nicht vom Aussterben bedroht. Ich finde es ja auch gut, das Überleben der Tiger zu sichern, obwohl ich als Haustier doch lieber einen Hund behalte … :-)