Als Klaus Nakszyński (1), Georgios Kyriacos Panayoitou (2), Vassiliki Papathanassiou (3), Issur Danilowitsch Demsky (4) und Demetria Gene Guynes (5) ihre internationale Karriere begannen, war ihnen dabei nur eines im Wege: ihr sperriger Name. Also vereinfachten sie ihn kurzerhand. Umgekehrt machten es Angela Miebs (6), Hans Rippert (7), Erna Strube (8) oder Gertrude Wirschinger (9), die ihren wenig klangvollen Allerweltsnamen internationalisierten, um ihn bühnentauglicher zu machen. Und während sich Judith Holfelder von der Tann (10) für einen bürgerlicher anmutenden Künstlernamen entschied, vermitteln die Pseudonyme von Hella Kemper (11), Gerhard Gerhards (12), Doreen Grochowski (13), Christopher John Davison (14), Hubert Achleitner (15) und Hans-Jürgen Dohrenkamp (16) bewusst den Eindruck einer adeligen Herkunft, was der Namenkundler als „Aristonym“ bezeichnet.
Stellt sich die Frage: Dürfen die das? Einfach so? Ja natürlich – Künstlernamen sind namensrechtlich geschützt und dürfen seit 1. November auch wieder im Personalausweis eingetragen werden. Und noch etwas ist neu: nämlich die Tatsache, dass nicht nur Sänger, Schauspieler, Komiker oder andere Künstler Pseudonyme tragen, sondern auch … das Bahnpersonal!
„Hier noch jemand zugestiegen?“, fragt „Kain Anschluss“
Kein Witz: Zugbegleiter der Deutschen Bahn sind es leid, von pöbelnden Schwarzfahrern identifiziert zu werden („Schaffner, ich weiß, wo dein Haus wohnt“) und dürfen daher seit September ihre Identität mit einem Namen ihrer Wahl verschleiern.
Und damit sind wir schon bei einem der typischen Gründe für die Wahl eines Pseudonyms: Angst vor Verfolgung (wie bei Erich Kästner) oder Schutz der Privatsphäre (wie bei Atze Schröder). Meist ist es jedoch der Wunsch nach Individualität und Originalität. Unverwechselbarkeit strebte beispielsweise Horst Köhler (17) an, der als Schlagersänger wie auch als Musiktherapeut unterwegs ist. Und weil Michael Demsky sich für das Pseudonym Michael Douglas entschieden hatte, musste ein tatsächlich als Michael John Douglas (18) geborener Schauspieler einen Künstlernamen wählen, um sich von seinem Kollegen zu unterscheiden.
Wer kennt schon Heidi Stern (19)?
Prominent kann man vielleicht auch mit einem Allerweltsnamen werden. Doch darauf wollten sich Schlagersänger wie Gerhard Höllerich (20) oder Alexander Ludwig Hirtreiter (21) lieber nicht verlassen – ebensowenig wie die Leinwandhelden Bernard Schwartz (22) und Klaus Georg Steng (23), die Schauspielerinnen Sara Stina Hedberg (24) und Mary Cathleen Collins (25) oder der Rocksänger Paul Hewson (26) – während sein Kollege Farrokh Bulsara (27) seinen Namen lieber so veränderte, dass er die exotische Herkunft nicht verriet.
Vom Spitznamen zum Phraseonym
Alecia Beth Moore (28) verdankt ihren Künstlernamen der Tatsache, dass sie als Kind leicht in Verlegenheit zu bringen war und schnell errötete. Bei Gordon Matthew Sumner (29) war ein Pullover schuld – ein schwarz-gelb geringelter, der an eine Wespe erinnerte. Bei Michael Bernd Schmidt (30)sorgten die Klassenkameraden durch Verballhornung des Nachnamens schon für einen prima Künstlernamen, lange bevor er berühmt wurde. Auch Marvin Lee Aday (31) erhielt sein Pseudonym bereits in der Kindheit – den ersten Teil wegen seiner Figur, den zweiten, nachdem er seinem Footballtrainer auf den Fuß getreten war. Jan Ulrich Max Vetter (32) wählte seinen Künstlernamen (ein Phraseonym) wahrscheinlich wegen seines erklärten Lebensziels, alle Länder der Welt zu bereisen (über 100 hat er schon). Und Stefani Germanotta (33) den ihren aus Respekt und Verehrung für eine der großartigsten Bands aller Zeiten.
Eigentlich schick, so ein Künstlername
Sollte ich jemals mit einem Bühnenprogramm auf Tour gehen (oder in den Dienst der Deutschen Bahn treten), dann nur unter dem Namen Fritzlinde von Ottmarschen. Versprochen!
(1) Klaus Kinski, (2) George Michael, (3) Vicky Leandros, (4) Kirk Douglas, (5) Demi Moore, (6) Marlène Charell), (7) Ivan Rebroff, (8) Joy Fleming, (9) Penny McLean, (10) Judith Holofernes, (11) Hella von Sinnen), (12) Erasmus von Rotterdam, (13) Enie van de Meiklokjes, (14) Chris de Burgh), (15) Hubert von Goisern, (16) Jürgen von der Lippe, (17) Guildo Horn, (18) Michael Keaton, (19) Jennifer Rush, (20) Roy Black, (21) Rex Gildo, (22) Tony Curtis, (23) Klaus Maria Brandauer, (24) Zarah Leander, (25) Bo Derek, (26) Bono, (27) Freddie Mercury, (28) P!nk, (29) Sting (= Stachel), (30) Smudo, (31)Meatloaf, (32) Farin Urlaub, (33) Lady Gaga
Tim Berghes
Gibt’s auch Bloggonyme?
admin
Gute Frage. Betreiber von Blogkraftwerken, die in Bloghäusern leben und in ihrer Freizeit um den Blog joggen, könnten auf die Idee kommen, sich ein Blogonym zuzulegen.
Dieter Lukason
Judith Holfelders Künstlername „Judith Holofernes“ ist eine Anspielung auf die biblische Geschichte in dem Buch „Judit“. In dieser belagert der General des babylonischen Königs Nebukadnezar, Holofernes die Stadt Betula. Die Hebräerin Judith betört Holofernes und enthauptet ihn, wärend eines Trinkgelages, um ihre Stadt zu retten. Judith Holfelder-von der Tann ist nach Aussage Holfelders der Name ihrer Mutter.
admin
Wenn der Vorname den Nachname enthauptet, kann man aber froh sein, noch ein „von der Tann“ der Mutter in petto zu haen :-)
Maid
Und in einem Zeitalter zuvor änderte man seinen Namen um gelehrt zu klingen…Stichwort Latinisierung und Gräcisierung. Schönes Beispiel ist Luthers Wegbegleiter Melanchthon, sein Vater hieß noch Schwartzerd. Oder die vielen Agricolas…die stammen weniger vom römischen Senator Gnaeus Iulius Agricola ab, als doch eher von einfachen Bauern.
Ich erinnere mich gern an die Geschichte eines früheren Bekannten, der schmunzelnd berichtete, wie er nach der Öffnung der Mauer eifrig Ahnenforschung betrieben hatte, in der Hoffnung auf exotische Vorfahren. Das Ergebnis der Herkunft des Namens Eberius machte ihn dann wochenlang zum Gespött seiner Schwiegerfamilie. Seither stellt er sich kurz und bescheiden so vor: Guten Tag, meine Name ist Schwein.
AbidiText
Da fällt mir spontan „Kein Schwein ruft mich an“ ein :-) Und natürlich die Tatsache, dass mein Geburtstname „Schmidt“ im Italienischen deutlich klangvoller ist: Ob ich als Frau Ferrari-Abidi wohl auch Formel-eins-Kunden hätte?
(Willkommen, Maid, in meinem Blog. Ich hoffe, dich hier noch öfters zu lesen :-)
Maid
Ich arbeite mich grade durch. So ein bisschen fehlt mir die Bequemlichkeit eines Forums, das ungelesene Beiträge markiert. ;-) Und dann fühle ich mich ein wenig gehemmt, so unter Vollprofis fallen meine Tippfehler bestimmt auf. *pfeif*
Was den Ferrari betrifft – was ist Ursache und was Wirkung? Macht der Klang den Erfolg oder der Erfolg den Klang?
AbidiText
Wenn du mal auf dem neuesten Stand der Dinge bist, musst du ja nur noch den jeweils aktuellen Beitrag lesen. Ältere werden eigentlich selten weiterdiskutiert. Also alles ganz bequem.
Über Kommentare freue ich mich auf jeden Fall! Nur keine Hemmungen!!!
Zum Thema Ferrari: Ich finde, das klingt auch ganz objektiv dramatischer als Schmidt. Aber Auch nicht schöner als Abidi :-)