…, da helfen keine Pillen“ – so dichtete einst Fred Endrikat aus Wanne-Eickel. Er muss ein Hellseher gewesen sein. Denn ganz offenbar hat er musikalischen Bockmist wie „Life is Life“ von Opus – einen Ohrwurm, der Schmerz- und Schamgrenze mit drei Akkorden überschreitet – ebenso vorausgesehen wie peinliche Werbeslogans der Güteklasse von „Geiz ist geil“.
Doch jetzt hat Saturn diesen Eigenkäse souverän getoppt. „Geil ist geil“, heißt es nun in geradezu rührender Schlichtheit. Ich schätze, ein Entscheider hat den Texter dazu aufgerufen, die Zielgruppe intellektuell nicht zu überfordern („Die sind eh alle doof“).
Dadurch, dass nur ein Wort geändert wurde (aus Geiz wurde geil) bleiben Rhythmus und Stil des alten Slogans erhalten. Ist das nicht reizend?
Und mit der gleich doppelten Verwendung eines bereits im Mittelalter geläufigen Wortes („geil“ war ja nur zwischendurch tabu) kann man auch wunderprächtig bei der Jugend und der Pseudojugend (die „oberaffentittengeil“ steigert, ohne vor Scham im Boden zu versinken) punkten.
Geht’s noch schlimmer? Bestimmt. Wenn es dann nächstes Jahr heißt „Saturn – geil, Alda“, dann wundere ich mich bestimmt nicht. Könnte höchstens sein, dass ich eine Rechnung hinschicke. Denn „Geil, Alda“ ist mit Sicherheit schützenswert. Oder will jemand behaupten, dieser Slogan habe die notwendige Schöpfungshöhe nicht erreicht?
Gaby Barg
Ach du Schreck … Dazu fällt mir dann WIRKLICH nichts mehr ein …
AbidiText
DIR fällt nichts mehr ein? Ich bin erschüttert!
Maid
Liebe Heike, es ist doch ganz offensichtlich, mit „geil ist geil“ bekommt „ich bin doch nicht blöd“ geradezu philosophischen Tiefgang und ermöglicht auch den Totalverweigerern wie mir, endlich wieder den seit Jahren standhaft gemiedenen Schwestermarkt zu betreten.
Apropos Schöpfungshöhe, kann es sein, dass so ziemlich alle Wortspiele werbetechnisch durch sind? Sicher kannst Du das besser beurteilen als ich. Vielleicht wird die Werbung künftig ihre Tiefausflüge in die deutsche Sprache wieder einstellen und zur Abwechslung mal mit russischen Vokabeln werben? Nu pogodi hätte ich da im Angebot, so eine Art früher oder später kriege ich Dich. Eingweihte wissen natürlich, dass der Hase immer schneller ist.
AbidiText
Immerhin hat „Ich bin doch nicht blöd“ schon seit 15 Jahren Bestand. Ich weiß das zufällig ziemlich genau, weil man mir zu einem runden Geburtstag eine Glückwunschkarte im damals nagelneuen Mediamarkt-Look gestaltete …
Nu pogodi heißt was? Hieß so nicht mal eine der Popstars-Band, die schon vor ihrem ersten Hit wieder in der Versenkung verschwand und deren Mitglieder es bisher nicht mal mehr als C- (oder Doppel-D-)Promis in den Dschungel geschafft haben?
Maid
Es heißt so viel wie na warte – im Sinn von ich kriege dich.
Es ist der Ausspruch des Wolfes am Ende jeder Folge einer russischen Zeichentrickserie namens Hase und Wolf. Und ja, die Serie ist mit Sicherheit erfolgreicher gewesen, als die Band. :-)
AbidiText
Die Neugier siegte, ich musste das mal eben wikipeden: http://de.wikipedia.org/wiki/Nu_Pagadi – der „markante Spruch“ aus der russischen Trickfilmserie bedeutet „Na warte!“ – Als Claim durchaus tauglich – für die Bahn zum Beispiel :-)
Stefanie
Ach Heikelein, „oberaffentittengeil“ haben wir doch schon in den 80ern gesagt. Die heutige Jugend steigert „geil“ so: porno. (Die Jugend, die später mal „‚was mit Werbung“ machen will, wandelt das neue Adjektiv „porno“ zu „pornös“.)
Das passt thematisch im Grunde auch besser zu „geil“ als der Verweis auf die Zapfanlage eines Oberaffen, machen wir uns nichts vor. Im Grunde hat die Jugend von heute der schulterposltertragenden Jugend von gestern damit direkt ‚was voraus. Wer hätte _das_ wohl jemals gedacht. ;-)
AbidiText
Sachischdoch, liebe Stefanie. Wer heute noch oberaffentittengeil sagt, outet sich als in den 80ern steckengeblieben. Porno als Adjektiv ist mir (zum Glück) noch nicht begegnet, wobei ich pornös ja fast witzig finde. Um nicht zu sagen: Geilst.