Ob die Wendung „Frech wie Oskar“ in Erinnerung an einen besonders kecken Herren entstand oder ob ihr Ursprung im jiddischen „ossoker“ (freche Person) zu suchen ist, kann ich leider auch nicht beantworten. Eins ist sicher: Mit der Oscar-Verleihung 2011 hat sie garantiert nichts zu tun. Denn die war brav und vor allem vorhersehbar. Was einerseits gut war, denn hätte Colin Firth für seine Rolle als stotternder König in „The King’s Speech“ nicht seinen ersten Acadamy Award abgeräumt, wäre ich echt sauer. Unabhängig davon aber hätte man sich ein paar mehr Überraschungen gewünscht. Dass ein herausgerutschtes (und im deutschen Fernsehen nicht überpiepstes) F-Wort (Melissa Leo, beste Nebendarstellerin, „The Fighter“) der größte Aufreger war, ist zwar unglaublich, aber wahr. Dennoch hat sich das lange Aufbleiben gelohnt. Allein schon wegen folgender Erkenntnisse:
- Männer, die so alt sind, dass man ihnen applaudiert, nur weil sie erstaunlicherweise noch am Leben sind, eignen sich nicht unbedingt als brillante Redner (Kirk Douglas).
- Trägerlose Roben sind der Renner. Stehen aber nur wenigen.
- Mit einer Änderung des Dresscodes ließen sich locker ein bis zwei Stunden sparen. Mein Vorschlag: T-Shirts mit der Aufschrift „Thanks to my parents and to my beautiful wife.“
- Filme, die mit abbenen Armen enden, bekommen mit überdurchschnittlich hoher Wahrscheinlichkeit trotz mehrfacher Nominierung keinen einzigen Oscar („True Grit“, „127 Hours“).
- Es gibt zwei rote Teppiche – einen für die nominierten Stars und einen für die Restpromis. Wenn man weder Restpromi ist noch nominiert, aber zufällig wegen eines wissenschaftlichen Kongresses in LA weilt und ebenfalls rein zufällig einen schicken Glitzerfummel mithat, kann man ebenfalls ungestraft über den Nominiertenteppich schreiten (Maria Furtwängler).
- Der rote Teppich ist gar nicht rot, sondern – äh – irgendwie pink. Oder aber Justin Timberlake ist – äh – farbenblind.
- Wenn für das Verwenden des Wortes „incredible“ in Dankesreden eine Strafe gezahlt werden müsste, dann käme da ein nettes Sümmchen zusammen.
- Es gibt keine großartigen Filmsongs mehr. Ob da Stefan Raab was dran machen kann?
- Selbst der schönste Werbespot nervt, wenn er in JEDER Pause gezeigt wird. Antiwerbung durch unkluge Mediaplanung (Chanel No. 5).
- Söhne sollten mehr auf ihre Mütter hören. Vor allem wenn die Söhne Regisseure sind und ihre Mütter Vorschläge für einen großartigen Filmstoff liefern (Tom Hooper, „The King’s Speech“).
- Die wenigsten Preisträger sind Zwerge. Warum in aller Welt stellt man das Mikro nicht ein bisschen höher?
Und noch etwas, was ich gelernt habe (danke, Birgit): Promis im Publikum, die mal aufs Klo müssen, werden durch Statisten ersetzt, damit keine Lücken in den Sitzreihen entstehen. Ein Job, der einerseits reizvoll sein könnte – aber andererseits definitiv ein anderes Outfit erfordern würde als das im heimischen Wohnzimmer (Schlafanzug, Bademantel, Stricksocken, Wolldecke, nichts davon aus dem Hause Dior). Aber wenn ich mal anlässlich einer Tagung in LA sein und einen Glitzerfummel im Gepäck haben sollte, ließe sich drüber reden …
Birgit
Kicher: Deine Glosse, Nicht-Glosse, Kolumne oder was es auch immer ist, ist der Brüller zum ROFLen. Kann leider ob akuter Übernächtigung nichts Schlaueres schreiben …
AbidiText
Liebe Birgit, musst du doch auch gar nicht. Im Grunde bist du doch eh Co-Autorin! Zumal ich das Ganze ohne dich glatt verpennt hätte :-)
Edith Nebel
Viel mehr als die Oscar-Gewinner – es sind ja eh meistens Filme, die ich mir nie anschauen werde – interessiert mich, was die prominenten Damen aus diesem Anlass für Klamotten tragen. Dazu muss ich zum Glück nicht nachts vor dem Fernseher wach bleiben, was mir eh nie gelingen wird. Es gibt ja so herrliche Klamottenlästerseiten im Internet!
AbidiText
Nicht einmal da gab es viel Aufregendes. Mal abgesehen von diesem merkwürdigen, kastenartigen, hochgeschlossenenen Etwas, das wie eine voktorianische Toilettendeckelumpuschelung aussah und Cate Blanchett nicht unbedingt zur elegantesten Erscheinung des Abends machte … http://www.vogue.de/galerien/oscar-mode-2011-4-jpg/9161/582249
Maid
das Ding erinnert mich irgendwie an den Rahmen von UrUr-Opas Portrait auf dem Kamin….wenn man noch das passende Bild eingestickt hätte, wäre ich begeistert. :-)
AbidiText
Ja, es erinnert an so allerhand. An Tapeten, Handarbeitskörbchen, scheußliche Nachttischlampen und Dinge, die man auf der Kirmes gewinnen kann, aber nicht haben möchte …