Trudie Fleißig ist selbstständig. Sie arbeitet im Homeoffice als Übersetzerin. Vielleicht ist sie auch Architektin, Programmiererin oder Designerin – das spielt keine Rolle. Wichtig ist nur, dass sie in ihrem Homeoffice rundum zufrieden ist.
„Wie schaffst du es nur, dich zu motivieren?“, fragen ihre kritischen Freundinnen, doch Trudie lächelt nur: „Gar kein Problem. Hier hab ich Heimspiel, hier kann ich so arbeiten, wie es mir gefällt. Was könnte motivierender sein?“
„Wie gelingt es dir bloß, dich zu organisieren?“, bohren sie weiter, aber Trudie bleibt souverän. Sie hat alles im Griff, führt ein Zeittagebuch, macht Tages-, Wochen-, ja sogar Jahrespläne und präsentiert stolz einen perfekt strukturierten Arbeitsplatz. Selbst gegen akute Aufschieberitis hat sie effektive Strategien.
„Dann kommt aber garantiert deine Freizeit zu kurz!“, vermuten die ungläubigen Freundinnen, denen Trudie jedoch sofort das Gegenteil beweist: Sie hat gelernt, zu delegieren und „Nein!“ zu sagen, sie schaltet in der Mittagspause und nach Feierabend den Anrufbeantworter ein und arbeitet grundsätzlich nie an Wochenenden. Burnout? Hat bei Trudie keine Chance!
„Also mir fiele zu Hause die Decke auf den Kopf“, rümpft eine der Freundinnen die Nase. Aber Trudie lacht: Sie nutzt regelmäßige Pausen, um zu entspannen, sich zu bewegen, frische Luft zu tanken und gesund zu essen.
„Aber du vereinsamst dabei doch total.“ Nicht die Bohne! Denn Trudie ist mit Kolleginnen und Kollegen in aller Welt vernetzt, tauscht sich mit ihnen auf Internetplattformen aus und lernt dabei täglich dazu.
Da erwacht Trudie. Ihr Kopf liegt auf dem harten Schreibtisch, ihr Rücken wird von spitzen, kleinen Fingern ihrer Kinder malträtiert. Mist, sie ist wieder bei der Arbeit eingeschlafen. Das kommt davon, wenn die Abgabetermine einen dazu zwingen, die Nächte durchzuarbeiten.
Die Kinder laden Spielsachen, Handschuhe und Mütze auf ihrem Schreibtisch ab und teilen ihr lauthals mit, dass sie Hunger haben. Ihr Mann streckt gutgelaunt den Kopf zur Bürotür rein und freut sich über die Harmonie in seiner kleinen Familie, fragt, ob Trudie zufällig seine Hemden gebügelt hat und verkündet dann: „Muss mal kurz weg, du bist ja eh da.“ „Aber …“ setzt Trudie an und will sagen, dass sie ABSOLUT keine Zeit hat, sich um die Kinder zu kümmern, weil sie WAHNSINNIG viel zu tun hat, da klingelt das Telefon: der Handwerker. Er kommt in einer halben Stunde vorbei, will die Heizung warten. Auch das noch! Aber – ja, sie ist eh zu Hause. Nicht zu leugnen.
„Was gibt’s zu essen“, schreien die Kinder, und da fällt Trudie auf, dass auch ihr Magen knurrt. Kunststück, sie ist schon seit Stunden – Tagen? – nicht mehr dazu gekommen, sich eine Mahlzeit zuzubereiten. Ist nicht ihr Mann heute mit dem Kochen an der Reihe?
Es klingelt an der Haustür. Die Post. Der Hund bellt, die Kinder toben, jemand schaltet den Fernseher nicht nur ein, sondern auch lauter …
Trudie seufzt und nimmt ein Päckchen entgegen. Sie packt es aus und fängt an zu strahlen, als sie den Titel des Buches liest, das sie sich neulich bestellt hat:
„Homeoffice. Erfolgreiches Heimspiel dank Zeit- und Selbstmanagement“ von Birgit Golms und Gudrun Sonnenberg.
„Meine Rettung!“, seufzt sie erleichtert, und ich bin sicher, dass sie damit ins Schwarze getroffen hat. Denn das Buch meiner lieben Kolleginnen Birgit und Gudrun ist wirklich ein perfekter Ratgeber für alle, die im Homeoffice erfolgreich arbeiten wollen. Kaufen!
Meister Ed.
Bin noch am Schwanken, ob ich das Buch meiner Frau schenke oder mir selbst… Wenn sie nicht gleich wiederkommt, sieht es so aus, als würde ich in Zukunft von zu Hause aus arbeiten…
LG, Ed
admin
Wow, ein Mann, ein Wort – bin beeindruckt :-) Willkommen, Mr. Ed!
Was das Buch betrifft: Hauptsache, du kaufst es überhaupt. Ihr könnt es ja gemeinsam lesen. Denn deiner Frau geht’s gut, jedenfalls war das gestern gegen 21 Uhr noch so :-) Wär auch schade um das schicke Büro und den verwaisten Flügel …
Edith Nebel
In meinem Besitz habe ich das Buch schon, nur noch nicht gelesen. Derzeit türmen sich die Bücher, die ich zu besprechen versprochen habe und ich komme nicht dazu, zwischendrin was anderes zu lesen.
Ich träume ja auch immer noch vom Home-Office, wenigstens zeitweise. Mein Büro daheim ist komplett eingerichtet. Ich könnte locker zwei, drei Tage die Woche daheim arbeiten. Aber der Arbeitgeber zieht nicht mit. Die wollen ihre Leute vor Ort sitzen haben, warum auch immer.
Ist ja nicht so, dass man nur arbeitet, wenn einer streng guckt. Ich kenne meine Aufgaben und meine Termine, ich würde das auch im Home Office alles brav abarbeiten. Ich muss dafür nicht morgens eine Stunde in die Stadt und abends wieder eine Stunde raus aufs Land gefahren sein. Aber wennse nicht wollen …
admin
Stimmt – ein Abgabetermin genügt normalerweise als Motivation. Wobei mich viele Nichtselbstständige genau danach fragen: Wie ich es schaffe, mich zu motivieren und nicht den lieben langen Tag anderes zu tun. Spülmaschine ausräumen? Wäsche sortieren? Ich kann mich sehr gut beherrschen! Im Gegenteil – es fällt mir sogar schwer, mich am Wochenende nicht an den Schreibtisch zu setzen …
Vielleicht kommen deine Arbeitgeber auch noch zur Erkenntnis, dass Leute im Homeoffice sogar effektiver, weil ungestörter arbeiten?
Edith Nebel
Eine unsichtbare Armee kann man nicht exerzieren lassen. Homeoffice ist von ganz weit oben nicht gewünscht. Vielleicht wenn ich sie vor die Alternative stellen könnte: „Homeoffice oder ich geh heim aufs Dorf und mach eine Katzenpension auf … “
Ich bin nicht unersetzlich, aber ich besetze eine Job-Nische um die sich niemand reißt, und bei der Erfahrung immens wertvoll ist. („Blickst du da noch durch?“ – „Klar, ich mach das ja seit 20 Jahren.“)
Wenn Aufhören für mich eine Option ist, starte ich vielleicht mal einen diesbezüglichen Erpressungsversuch.
admin
Allein zu wissen, dass man bei einem möglichen Erpressungsversuch ein schlagkräftiges Argument in der Hinterhand hat, macht ja schon zufriedener …